Internationales Forschungsmarketing, Digitalisierung, Vernetzung und das Internet der Dinge sind in aller Munde und drängen die wissenschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Entscheidungsträger der Bundesrepublik zu einer Neuausrichtung ihrer Öffentlichkeitsarbeit. Alleine mit den Klischees das Land der Automobil- und Maschinenbauer oder der „Dichter und Denker“ zu sein, lässt sich künftig sicher kein ausländischer Wissenschaftler oder Investor anlocken. Dementsprechend ist ein grundlegendes PR- und Marketingkonzept von Nöten, welches einerseits den Forschungsstandort Deutschland vermarktet, andererseits Marketingkonzepte anbietet, die von Institutionen übernommen werden können.
Diesem Vorhaben haben sich vier zentrale Forschungsinstitutionen mit dem Verbundprojekt „Internationales Forschungsmarketing“ gewidmet. Das Projekt läuft unter dem Dach des Informations- und Marketingportals „Research in Germany“ und wird seit 2010 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.
Inhalt des Artikels
Internationales Forschungsmarketing – Wer macht mit?
- a) die Alexander von Humboldt-Stiftung. Diese versucht Forscher-Alumni dazu zu bewegen, den Kontakt zu ihren deutschen Heimatuniversitäten zu halten, also in Verbindung zu bleiben und somit auch das Bild der deutschen Wissenschaft im Ausland zu stärken.
- b) Der DAAD (Deutsche Akademische Austauschdienst) fokussiert sich mit „Research in Germany“ auf die Online-Vermarktung, auf Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und Karrieremessen. Research in Germany war auch auf der „American Physical Society“ vertreten und veranstaltete ein „Science Lunch“, welches – nach Eigendarstellung von RIG – „gut angenommen wurde“.
- c) der DFG veranstaltet Best-Practice Workshops und Info-Touren zur Exzellenzinitiative.
d) die FHG präsentiert Erfindungen und veranstaltet Wettbewerb zu Marketingzwecken.
Research in Germany – und damit auch das Verbundprojekt – stehen in enger Kooperation mit Dritten: In einer Broschüre zu dem Verbundprojekt Internationales Forschungsmarketing werden neben den Ministerien, die Leibniz- und Helmholtzgesellschaft, sowie die Industrie genannt. Im Rahmen des Best-Practice Workshops wurden 2014 auch Evaluationsergebnisse veröffentlicht. Eine qualitative Studie der Kasseler Gesellschaft für empirische Studien kommt zu dem Ergebnis, dass Research in Germany zu einer breiten Aktivierungswirkung geführt und eine „kognitive“, „affektive“ und soziale Wirkung entfaltet hätte. Hier werden, ohne weitere Erläuterungen, Steigerungswerte von 75-90 Prozent angegeben. 30 bis 40 Prozent der Befragten hätten „Maßnahmen konkretisiert“ – eine denkbar schwammige Formulierung (vgl. DFG-Best-Practice Workshop).
Verbundprojekt Internationales Forschungsmarketing veröffentlicht wenig Ergebnisse
Die vollständige Studie lässt sich online leider nicht auffinden. Research in Germany bzw. das Verbundprojekt „Internationales Forschungsmarketing„, wollen durch Weitergabe der Forschungsmarketing-Erkenntnisse an Dritte, Akteure befähigen, eine nachhaltige Vermarktungsstrategie zu entwickeln. Die wichtigsten Erkenntnisse sind dementsprechend weitestgehend kongruent mit den Tätigkeiten der jeweiligen Verbundpartner.
Zur Rekrutierung neuer Wissenschaftler werden folgende Maßnahmen empfohlen: Eine intensive Pflege der Forscher-Alumni-Beziehungen, eine prägnante Markenbildung, die die Exklusivität der Institution betont und zudem öffentlichkeitswirksame und gut sichtbare Stellenausschreibungen. Zusätzlich seien Auftritte auf Tagungen und Messen eine Option.
Die Leistungsfähigkeit der audiovisuellen und sozialen Medien würde, so ist in einer Broschüre nachzulesen, kritisch diskutiert werden, denn diese seien als „Kommunikationsmedium auf eine breite Öffentlichkeit ausgerichtet“ und könnten „spezifische oder komplexe Sachverhalte“ weniger gut transportieren (vgl. RIG 2014). Demnach besteht offensichtlich noch ein Bedarf an einer diversifizierten, zielgruppengerechten Online-Strategie.
Ich sehe nicht, wieso Wissenschaftlichkeit und Öffentlichkeit sich ausschließen sollten. Transparenz und Vertrauen werden nicht alleine durch Werbebroschüren geschaffen, die hauptsächlich positive Selbstdarstellungen enthalten, sondern durch einen intensiven Einblick in das Pro und Contra, alltäglichen wissenschaftlichen Arbeitens, in den Stand der Projekte und die Möglichkeiten die sich daraus ergeben.
Innovationstransfer bleibt ungelöst
Der Innovationstransfer in Richtung Wirtschaft ist kein entscheidendes Thema bei RIG und dem Verbundprojekt. Hier ist eher das Projekt „Industrie 4.0“ hervorzuheben, welches vom BMBF gefördert wird und den „Transfer von der Forschung in die Werkshallen“ vorantreiben soll. Das Ministerium verpflichtet sich mit dem Projekt der Förderung der Digitalisierung der Wirtschaft, von „Smart Services“ für mittelständische Unternehmen, sowie von Cloud Computing und des weiteren Netzausbaus.
In eine ähnliche Kerbe schlägt eine Broschüre mit dem Titel „Die neue Hightech-Strategie“, in der auch von der Förderung der Innovationsdynamik und der Vernetzung von Wissenschaft, Forschung und Unternehmen, die Rede ist. Das EU-Äquivalent zu diesen Strategien nennt sich „Horizont 2020“.
Eine weitere Förderinitiative nennt sich VIP+ („Validierung des technologischen und gesellschaftlichen Innovationspotenzials wissenschaftlicher Forschung“). Dabei handelt es sich um ein Programm, welches das Innovationspotenzial wissenschaftlicher Ergebnisse ermitteln soll. Unterstützt werden „Vorhaben in der Validierungsphase“. VIP+ setzt zudem auf die Einbindung sogenannter „Innovationsmentoren“, welchen Unternehmen, Instituten und Wissenschaftlern, bei der Umsetzung ihrer Innovationen beratend zu Seite stehen.
Gefördert werden Projekte mit bis zu 500000 Euro. Über die Annahme eines Antrags entscheidet ein Expertengremium. Hier eröffnet der Bund zwar Optionen, allerdings ist es nicht unwahrscheinlich als Entwickler und Antragssteller in einen bürokratischen Hürdenlauf zu geraten. Eine Vorab-Validierung auf einer Innovationsplattform könnte auch für den Staat im Sinne einer besseren Kosteneffizienz, von Nutzen sein. Vielseitige – auch internationale – Förderquellen könnten die staatliche Finanzierungsinfrastruktur entlasten.
VIP+ ist jedoch nicht das einzige Förderprogramm. Es sind auch andere Bundesministerien an der Innovationsförderung interessiert. So betreibt etwa das Wirtschaftsministerium mit SIGNO ein Transferförderprogramm, welches Hochschulen und KMUs bei der Umsetzung von Patent- und Verwertungsvorhaben unterstützt. Im Internet findet sich dazu auch eine Plattform, die aufzeigt welche Vorhaben gefördert werden. Hier werden Entwickler und deren Innovationen begleitet, von speziellen Babytragerucksäcken hin zu Zahntechnikinstrumenten.
Fazit:
- Der Staat ist vielseitig involviert, die Abhängigkeit der Antragssteller von dem Wohlwollen der Experten allerdings auch groß.
- Auf die Expertise und Legitimierung kann wahrscheinlich nicht verzichtet werden, weshalb sich eine Innovationsplattform in die bestehende Struktur einfügen und diese ergänzen müsste, Beispiel SIGNO.
- Marketingtechnisch sind die Empfehlungen von RIG sicher wichtig, aber den Online-Medien sollte mehr Gewicht geschenkt werden. Youtube-Kanäle für Erfinder und Gründer,
betreute Blogs etc. könnten von Nutzen sein.